Fast 36 Aufnahmen tätigen der junge Fotograf und Eisenbahnfreund Bernd Szarkowski-Tegtmeier und sein Bruder Christian am 2. Juni 1986. So manches Motiv ähnelt den Aufnahmen vom März, doch mittlerweile hat der Frühling Einzug gehalten. So ergeben sich durch andere Standpunkte und wegen des besseren Wetters auch andere Ansichten.
Einen Tag zuvor stellte die Bundesbahn an diesem Standort die Unterhaltung von Reisezugwagen ein, das Werkstattpersonal wurde nach Hamm versetzt. Damit wird das Bw zum Stützpunkt degradiert.
Die Aufnahmen zeigen noch etwas Leben im Bw, immerhin werden hier weiterhin 101 Lokführer ihren Dienst antreten. Davon kündet die Anzahl der geparkten Autos auf dem Parkplatz vor der Kantine.
Die Blumenkästen, deren Halter unter den Fenstern des Verwaltungsgebäudes auf den grünen Daumen des Dienststellenleiters schließen lassen, gibt es jedoch schon längst schon nicht mehr.... früher war eben doch mehr "Lametta".
Begeben wir uns also auf die letzte Bilderreise vor der endgültigen Schließung des Bw.
Wenn wir den Blick ein wenig nach rechts schweifen lassen, fällt uns das Magazin ins Auge, im oberen Teil befand sich bis vor wenigen Wochen noch die Ausbildungswerkstatt. Deren letzten Azubis sind am 1. April mitsamt der kompletten Einrichtung nach Hamm versetzt worden. Im Vordergrund des Bildes ist noch der Abdruck der alten Kfz-Werkstatt mit den Resten der Zapfsäulenfundamente zu erkennen. Bei einem leichten Linksschwenk tauchen die Garagen im Bild auf.
Schauen wir doch einmal die Stadtheider Straße hinunter. Selbstverständlich fährt man noch auf Kopfsteinpflaster. Offensichtlich sind auf der Pz-Strecke auf der Brücke Bauarbeiten im Gange, an denen auch ein Klv 53 und drei Kla 03 beteiligt sind. Durchaus möglich, dass dieser SKL 20 Jahre später zum örtlichen Museumsbahnverein übersiedeln wird. ;-)
Springen wir nun direkt zum schienengeführten Teil der Bildersammlung, wo die Osnabrücker 211 097 dem Fotografen auf Gleis 2 ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ozeanblau-beige wird diese Lok nie werden. Die Drehscheibe steht bereit, um das Bw über Gleis 63 verlassen zu können. Die Fotografen hingegen treibt die Neugier in den Schuppen, dort steht auf Schuppengleis 5 die ehemalige Bielefelderin 323 174, welche nun dem Bw Hamm 1 zugehörig ist und später bei den Hammer Eisenbahnfreunden der Nachwelt erhalten bleiben wird.
Die 1959 bei Orenstein & Koppel gebaute Nachkriegs-Köf bekam die letzte staatlich geförderte Hauptuntersuchung am 27.09.1982 im Ausbesserungswerk Bremen-Sebaldsbrück. In knapp zwei Jahren wird der Staatskonzern die Lok an Hella KG in Lippstadt verkaufen. Von der anderen Perspektive ergibt sich der Blick, wenn man den Schuppen von der Rückseite von den Sozialräumen her betritt.
Versteckt in der Dunkelheit steht hier eine Bergbaudampflok im Schuppen und entzieht sich den weiteren Blicken. Es handelt sich um die ehemalige Westfalen 6, gebaut 1948 bei Krupp und bis 1974 in der Grube Westfalen in Ahlen im Dienst, ohne Zweifel wieder ein Weiterverkauf durch die Museumseisenbahn Paderborn. Ein paar Gleise weiter, im Schuppenstand 14 harrt die 01 150 - ihrer Schilder aus Angst vor Diebstahl temporär beraubt - der weiteren Zukunft entgegen. Sie wird demnächst umziehen, in den E-Lokschuppen, welcher extra für sie verlängerte Gleise erhalten wird.
Einige Meter weiter hält die Braunschweiger 216 184 ihr Nickerchen auf Gleis 21. Wieder im Hellen angekommen, gönnen wir uns noch einen Überblick über das Bw.
Nun bekommen wir auch die andere Seite des überdachten Toilettenganges am hinteren Ende des Ringlokschuppens zu Gesicht und stolpern im Unrat direkt über die vergessene Nachlaufachse einer Dampflokomotive. Beim Blick auf den Wasserturm zeigt sich am Pumpenhaus auch das Gleis 61a fürs Abpumpen der Kesselwagen.
Mittlerweile hat sich auch die 216 184 in Bewegung gesetzt und wird in den Schuppenstand 6 umgeparkt.
Wenn wir schon am Osnabrücker Quadratschädel 624 634 die zugeschweißte Fronttür bewundern, können wir uns auch den Wasserturm nochmals genauer anschauen.... dient er doch tatsächlich als Aufbewahrungsort für Feuerlöschgeräte für die Tankanlage. OK, wieder was gelernt.
Das folgende Bild darf man ruhig mal etwas wirken lassen. Noch ist hier die Aussenskala des Füllstandes zu erkennen. Über Stahlseile und Umlenkrollen hat der im Behälter eingebaute Schwimmkörper die Anzeige bedient. Das maximale Fassungsvermögen beträgt 100m³, das hat wohl für ein paar Loks gereicht. Unterhalb des runden Mannlochs befindet sich der Ausstieg auf den Umlauf.
Der nächste Winter kommt bestimmt, auch wenn die Zeiten der in den Bahnbetriebswerken beheimateten Schneepflüge längst vorbei sind. Für den Fall der Fälle hat man hier vorgesorgt. Ob das eine Aufgabe für die beiden Hammer 261 831 und 260 914 ist, werden wir nicht mehr erfahren. Hinter den beiden Dreibeinen versteckt sich die Tankstelle für Diesel und Heizöl. Die alte, abgeschnittene Bahnsteigüberdachung hat schon einen besonderen Charme... Unterdessen darf 261 831 auch ein wenig Karussel fahren.
Die Neugier führte noch einmal zu einem Blick in den Schuppen, wo sich offensichtlich die 216 184 niedergelassen hat. Aber es hat sich noch eine V60 im Schuppen versteckt, es handelt sich um die 260 892 aus Hamm.
Ein Blick zurück über die Strahlgleise des Schuppens. Hier und da zeigt sich die aufkeimende Botanik, der Jahreszeit entsprechend. Bisher hatte man das völlig im Gleisbereich unterbunden. Das ist nun vorbei, die Natur holt sich ihr Revier zurück.
Der einständige E-Lokschuppen wird also zukünftig die Seidensticker 01 150 beheimaten.
Noch finden sich an den Seiten neben der Eingangstür eine Schiebetür und Fenster. Selten findet man Detailaufnahmen des Drehscheibenhäuschens. Offensichtlich ist nicht nur das Holz langsam marode, auch im Innern sieht es alles andere als aufgeräumt aus. Die Abdeckung des Seilantriebs scheint als Müllhalde genutzt zu werden. Die Attika des Ringlokschuppens bietet dem Wurzelwerk diverser Pflanzen Halt. Das kann und wird nicht lange gutgehen.
Dies sind die letzten Aufnahmen des Bahnbetriebswerks Bielefeld in der bisherigen Ausdehnung.
Fotos: Bernd Szarkowski-Tegtmeier und Christian Szarkowski